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16. September – 22. Oktober 2022
Kleine Galerie des Halleschen Kunstvereins
Dienstag bis Samstag 15–18 Uhr
Zur Ausstellung
Herakles – Mythenschnipsel
Das oft allzu menschliche Treiben der griechischen Götter und Heroen, ihre Lieben, Zwiste und Intrigen, ihre Siege und Niederlagen, aber auch ihre magischen Verwandlungen auf ihren Reisen zwischen Himmel und Erde und ihr Verhältnis zum Spielball „Mensch“ sind bis heute ein unerschöpfliches Modell der Weltdeutung. Herakles, der Superheld der griechischen Mythologie, gezeugt vom unsterblichen Zeus und der schönen Sterblichen Alkmene, ist ein Zwitter, ein Halbgott, der zwischen der irdischen und der göttlichen Sphäre steht. Von Hera, der eifersüchtigen Zeus-Gemahlin, schon vor seiner Geburt verflucht, muss sich Herakles erst auf Erden die vollkommene Göttlichkeit erarbeiten, um in den hehren Olymp aufgenommen zu werden – natürlich erst nach seinem Tod, der kein Heldentod war.
Hier bleiben die griechischen Erzähler ganz beim Ausgangskonflikt seiner Existenz, dem zwischen Liebe, Eifersucht und Verrat. Am Ende wird er Opfer der eigenen Kabale und steigt schließlich, brennend und somit vom irdischen Dasein gereinigt, in den Olymp auf.
Götter, Menschen und Heroen stecken in den Kinderschuhen des Abendlandes und mit ihnen die bis heute berechtigte, aber ungelöste Frage „Was tun wir hier eigentlich auf dem Erdenrund?“ Und vor allem: Mit welchem Recht tun wir, was wir tun? Mit dem Recht göttlicher Selbstermächtigung und ganz schlechten Ausreden, wenn es mal wieder schief geht?
Als Kind schmökerte ich, oft nachts mit der Taschenlampe unter der Bettdecke, in Gustav Schwabs „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums und malte mir wilde, farbenprächtige Bilder aus. Heute schweife ich im Garten dieser Erinnerungen, finde Erinnerungsschnipsel und geselle sie zu Bildideen, die beim heutigen Lesen der mythologischen Texte auftauchen. Es entstehen, passend zum Thema, Collagen. Schon die Göttergeschichten selbst sind ja Textcollagen, Short Stories auf der Perlenschnur einer größeren Geschichte, gespickt mit bildgewaltigen Formulierungen. Eine Schere und farbige Papiere eröffnen mir einen grenzenlosen Spielplatz. Die Götter – ein Flirt mit Form, Farbe und Struktur – Freude pur!
Digitanten – die mit dem Finger wischen
Null oder Eins, Ja oder Nein, Top oder Flop. Trommeln in der Nacht! Lange bevor wir Heutigen unsere Nachrichten per Smartphone in die Welt wischten, waren Menschen bestrebt, Informationen zu digitalisieren, sie in einzelne Segmente zu zerlegen, die, im Zusammenhang gehört oder gesehen, für den Empfänger eine sinnstiftende Information enthielten. Trommel-, Licht- und Rauchsignale, das Morsealphabet, das Telefon und die Lochkarte sind Beispiele. Die vor allem militärisch genutzten Röhrencomputer der 1940er Jahre waren Vorläufer der raumfüllenden Großrechner in Forschungseinrichtungen der 1950er Jahre, die Differenzialgleichungen lösten und dabei so heiß wurden, dass der gesamte Raum gekühlt werden musste. Wer denkt da nicht an den Supercomputer „Deep Thought“ in Douglas Adams’ „Per Anhalter durch die Galaxis“, der 7,5 Millionen Jahre rechnete, um auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest die Zahl 42 auszuspucken.
Zusehends wurden die Computer kleiner, privater. Vom ersten Smartphone 1996 bis zu den heute gebräuchlichen Alleskönnern vergingen gerade einmal 27 Jahre. Sie gehören zu unserem Alltag wie der Faustkeil zum Neandertaler. Wir tratschen und twittern, soweit die Netze reichen, machen Bilder von uns und der Welt, überweisen Steuern, finden Kochrezepte, melden Brände und wissen auf einen Wischer, wo wir auf der Fahrt von Kairo zum Blauen Nil gut essen können. Siri mach die Tür zu! Oh je, die Datenspur, die uns folgt wie die Schleimspur der Nacktschnecke auf dem Plattenweg im Garten. Null oder Eins, ja oder Nein, Top oder Flop, wer bin ich? Die Summe meiner Daten?
Text: Karl Völker
Über Klaus Völker
- 1952 geboren in Halle/Kröllwitz
- 1976–1982 Studium an der Hochschule für industrielle Formgestaltung Burg Giebichenstein Halle, Fachbereich Metall/Emailgestaltung bei Prof. Irmtraud Ohme, Abschluss mit Diplom
- 1982–1984 Aspirantur bei Prof. Irmtraud Ohme
- ab 1984 freischaffend tätig als Metallgestalter, Maler und Grafiker
- 1986 Studienreise nach Taschkent, Samarkand, Buchara
- 1991/1992 Studienreise in die algerische Sahara
- 1991–1996 Lehraufträge für architekturbezogene Kunst an der HKD Burg Giebichenstein Halle
- 1993–1996 Vorstandsmitglied im Verein Kunst und Form e. V.
- 1997–2001 künstlerisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter im FG Malerei/Textil an der HKD Burg Giebichenstein Halle
- 2014–2020 Begleitung der Restaurierungsmaßnahmen in der Dorfkirche Schmirma